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Gedenktag 2018
Unter dieses Motto stellten wir Freitag, den 19.10.2018 an unserer Schule.
Betrachtet man die Ereignisse des Jahres 1938 drängen sich zwei Antworten auf diese Frage förmlich auf:
Ein solcher Zivilisationsbruch darf nicht in Vergessenheit geraten, sofern wir das Bekenntnis zur Menschenwürde als Fundament unveräußerlicher Menschenrechte und zu einer humanen Weltgemeinschaft (UN-Charta 1945, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948) noch ernst nehmen.
Der Anschluss Österreichs im Jahr 1938 bewirkte, dass sofort die ersten Maßnahmen gegen Juden und Jüdinnen einsetzten: Beschämende Szenen ereigneten sich am 12. März 1938 und wiederholten sich in den Wochen danach – Menschen, die ” a Hetz” haben aufgrund einer “Reibpartie”, so nannte man die Ausschreitungen, bei denen unter aktiver Beteiligung der Zuseher Juden von Nationalsozialisten gezwungen wurden, mit einer ätzenden Lauge Wiens Straßen zu „reinigen“ von Parolen für geplante Volksbefragung über die Selbständigkeit Österreichs am 13. März 1938, aber auch Geschäfte und Auslagen von jüdischen Besitzern zu beschmieren.
Die Zustimmung zu Erniedrigung und Entwürdigung – der Anfang der Ächtung und Entrechtung – spiegelte sich in den Mienen der Passanten, die lachten, hämisch grinsten, zusahen.
Bereits am 13./14. März drangen SS- und SA-Angehörige auf Anordnung höchster Staats- bzw. Parteidienststellen in Hunderte jüdischer Wohnungen ein und beschlagnahmten u.a. Wertsachen, Gemälde, Teppiche. Wiener Großkaufleute wurden festgenommen, ihre Warenlager beschlagnahmt und ihre Geschäfte geschlossen. Am 24.Mai 1938 wurden 2.000 meist aus Kreisen der Intelligenz stammende Juden nach vorgefertigten Listen verhaftet und kamen in vier Transporten ins KZ Dachau. Neben Betrieben und Geschäften wurden in Wien auch über 50.000 Wohnungen “arisiert“.
Es begann die größte Fluchtwelle österreichischer Juden und Jüdinnen – in Wien nahm die jüdische Bevölkerung bis Ende 1938 um mehr als 51.000 Personen (!) ab – ihren Höhepunkt erreichte sie im August 1938. Ab diesem Zeitpunkt mussten deutsche Juden stigmatisierende Vornamen annehmen: Männer mussten „Israel“ als zweiten Namen führen, Frauen Sara. Und das war nur der Auftakt …
Mit der Pogromnacht vom 9./10. November 1938, deren Gewalt und Zerstörungswut die verbliebene jüdische Gemeinschaft mit Wucht traf, wurde vielen Juden die lebensbedrohliche Lage deutlich, denn überall im “Deutschen Reich” ereigneten sich Gewaltexzesse.
In der Nacht auf den 10. November 1938, für die Reichspropaganda-minister Joseph Goebbels unter Bezug auf die zersplitterten Glasscheiben von Synagogen und jüdischen Geschäften die verschleiernde Bezeichnung »Reichskristallnacht« prägte, führte der von der NSDAP organisierte »spontane Ausbruch des Volkszorns« zu Ausschreitungen gegen Besitz, Synagogen und Leben der jüdischen Mitbürger.
Ziel war die lange geplante völlige Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben, die Zerstörung des jüdischen Kulturlebens auf dem Gebiet des Deutschen Reiches und die nachhaltige Verängstigung jüdischer Bürger, die nach dem Pogrom das Land noch verlassen konnten – unter Verzicht auf ihr Vermögen („Reichsfluchtsteuer“)
Als 1938 der gesteigerte Druck der Verfolgung die jüdische Auswanderung aus Deutschland in eine Massenflucht verwandelte, gab es kaum noch ein Land, über dessen Grenzen eine Einwanderung uneingeschränkt möglich war. Mit Ausbruch des Krieges im September 1939 verschärfte sich die Situation weiter, denn nun wurden auch wichtige Fluchtrouten blockiert und mit der Eroberung Polens gelangten weitere drei Millionen Juden und Jüdinnen unter deutsche Herrschaft. Diese konnten unmöglich ins Ausland vertrieben werden.
Und damit begann die Phase der Deportationen in Richtung „Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete“ und schließlich mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 die Hinwendung zur Vernichtung, der Shoa, der rund 6 Millionen europäische Juden zum Opfer fielen.
Dennoch gab es Menschen , die weder der nationalsozialistischen Weltanschauung und Propaganda anheimfielen noch sich schweigend anpassten.
In einer Zeit, wo sehr viele Menschen einfach wegschauten, als Unrecht geschah, um sich und die eigene Familie nicht zu gefährden und wo viele andere alle Gebote der Humanität vergaßen, um dem mörderischen Regime zu dienen, gab es Menschen, die versuchten anständig zu bleiben, die sogar (organisierten) Widerstand leisteten und ihr Leben riskierten, um andere Leben zu retten.
Aber: Keinesfalls darf es wieder so weit kommen, dass der/die Einzelne das Leben riskiert,
wenn er/sie gemäß den Grundsätzen von Humanität und Menschenwürde handelt.
Und damit sind wir bei der zweiten Antwort auf die Frage, warum immer noch gedenken?
1.Klasse: Lehrausgang ins Jüdische Museum, Dorotheergasse 11
2.Klasse: “Pianke”- Kindheitserlebnisse des Autors Peter Abraham. Ein Stück deutscher Vergangenheit
Der neunjährige Pianke taucht mit seinem Vater in den letzten Kriegstagen unter. Sie wechseln Namen und Wohnort, damit sein Vater weiterhin gefälschte Pässe für Gegner des Naziregimes herstellen kann. Als sie das jüdisches Mädchen Irma in ihrem Versteck in der Laubenkolonie aufnehmen, ist absolutes Stillschweigen erforderlich. Für Pianke wird der Widerspruch zwischen den nationalsozialistischen Idealen, die in der Schule verkündet werden, der Auffassung, die sein Vater vertritt und seinem eigenen Erleben immer größer …
3.– 8. Klasse:
a) Fragestunden mit Menschen, deren Leben durch den Nationalsozialismus und die Shoah massiv beeinflusst wurde und denen Erinnerungskultur ein Anliegen ist
Milli Segal
Jüdin der 2. Generation, die ohne Großeltern, aber mit Eltern, die mit Glück die Shoah überlebt haben, aufgewachsen ist.
Ausstellungsleiterin der von Yad Vashem kuratierten Wanderausstellung „Shoah – Wie war es menschlich möglich?“ an der Universität Wien 2018, seit fünfzehn Jahren organisiert sie Erinnerungsprojekte für SchülerInnen, 2014 eröffnete sie im 3. Bezirk das Museum zur Erinnerung „Für das Kind“ über den Kindertransport zur Rettung jüdischer Kinder nach Großbritannien 1938/39
Peter Michael Lingens
Chefredakteur bzw. Herausgeber des Nachrichtenmagazins „Profil“ (bis 1987), der Wirtschaftswoche (1990- 1993), Chefredakteur des „Standards“ (bis 1996);
Professur für Journalismus an der Donau-Universität Krems (1997 bis 2000)
Kolumnist für „Profil“ (2001 bis Mai 2017), für den „Falter“ (seit Juni 2017),
Gründer der 1. Österreichische Kinderzeitung für Politik, Wirtschaft & Kultur,
Klex, (Klex-)Topic (ab September 1989) ab 1997
Er ist der Sohn von DDr. Ella und Dr. Kurt Lingens, die von der Gedenkstätte Yad Vashem 1980 mit der Ehrenmedaille “Gerechte unter den Völkern” ausgezeichnet wurden.
Wir danken beiden Gästen herzlich für ihr Kommen!
b) Besuch der schulinternen Ausstellung
Zentrales Anliegen der Ausstellung ist es,
– die Frage nach dem Grund für Erinnerungskultur aufzuwerfen
– durch die Ausstellung einen Beitrag zur Erinnerungskultur zu leisten und
– den Fragen nachzugehen,
* ob/wie Denkmäler/Kunst/Ausstellungen für einen geeigneten Umgang (oder Zugang?) des
Einzelnen und der Gesellschaft mit (oder zu) ihrer Vergangenheit sorgen (können)
* und wie zeitgemäße Erinnerungskultur aussieht sowie
– aktuelle Bezüge zu thematisieren (z.B. Boatpeople, Konferenz von Évian, Antisemitismus heute)
Mag.a Gabriele Hofer
Startup
11 SchülerInnen aus der Unverbindlichen Übung zur VWA haben am 10.10. 2018 die AK- Infomesse zur VWA besucht: Die SchülerInnen und Prof.in Hofer waren sich einig –
ein sehr gelungener Einstieg in die VWA.
Mit einem ca. halbstündigen Impulsreferat wurde das im Vorjahr vermittelte Wissen komprimiert und klar zusammengefasst, Erinnerungen wachgerufen und gefestigt. Der 1-stündige Workshop vermittelte die Methodik der Themenfindung –wenn auch nicht für alle an dem eigenen Thema –ansprechend und in einem perfekten Zeitrahmen.
Summa summarum: Ein durchwegs ertragreicher Lehrausgang als Startup für die VWA!
Die AUSSTELLUNG zum GEDENKJAHR und ERINNERUNGSJAHR 2018
100 Jahre REPUBLIK und 80 Jahre nach dem ANSCHLUSS
In einer Zeit, in der Polen als Mitglied der EU einen Systemwandel vollzieht, „bei dem die bisher mühsam erarbeiteten Grundlagen des demokratischen politischen Systems systematisch beschädigt und teilweise ausgehebelt werden sollen“ (Vgl. Andrzej Kaluza und Julia Röttjer, Deutsches Polen-Institut (Hrsg.):Jahrbuch Polen 2017: Politik. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2017.) und deshalb unter „politische Beobachtung“ gestellt wurde, in einer Zeit, wo rechts¬populistische Regierungen ein Demokratiekonzept präsentieren, in dem nach dem Motto „WIR sind wir!“ die nationale Identität in Gegensatz zum Universalitätsgedanken der Menschenrechte gebracht wird, ist es von besonderer Bedeutung im Gedenkjahr 2018 die Geschichte der Ersten Republik sichtbar zu machen, denn „ohne Wissen um Geschichte gibt es kein Demokratiebewusstsein und kein Bewusstsein für künftiges Handeln” (Barbara Prammer, Präsidentin des österreichischen Nationalrats 2006-2014)
1918 ist bedeutsam als das Jahr, in dem die Grundlagen unseres demokratischen Systems gelegt wurden, am 12.3.1938 endete die 1. Republik und die Eigenstaatlichkeit Österreichs mit dem Einmarsch der Truppen Hitlerdeutschlands und es begann die dunkle Zeit des NS-Terror¬regimes, in der die jüdische Bevölkerung von „ganz normalen“ Österreicherinnen und Österreichern gejagt und terrorisiert wurde: Als „Reibpartien“ hatten Jüdinnen und Juden die Straßen von den Parolen für ein unabhängiges Österreich zu reinigen. Das Unrechts¬regime des Nationalsozialismus schuf Unrechtsnormen in Gesetzesform, denen der Rechtscharakter z.B. durch willkürliche Versagung der Menschenrechte für die jüdische Bevölkerung abzusprechen ist- und brachte damit das Schlechteste im Menschen zum Vorschein: Diskriminierung, Enteignung jüdischen Besitzes und Aneignung desselben, Vertreibung, Denunziation, industriell organisierter millionenfacher Mord.
Ausschnitte der Schautafeln zur Geschichte Österreichs in der Ersten Republik
Der Blick auf die Jahre ohne Demokratie zeigt, dass die Demokratie jene Staatsform ist, die dem Individuum die größtmögliche Teilhabe und Freiheit ermöglicht. Eine Demokratie hat die Grundrechte – i.s. garantierte Freiheitsrechte gegenüber dem Staat wie Gleichheit vor dem Gesetz, gleiche Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern¬ – sowie die Menschenrechte – jene Rechte, die weltweit jedem Menschen aufgrund seines Menschseins zustehen – zu schützen und zu vertreten. Demokratien arbeiten daran, dass alle in einem Staat lebenden Menschen die gleichen Rechte und Pflichten, aber auch die gleichen Möglichkeiten, also Chancengleichheit, haben.
DEMOKRATIE und RECHTSSTAAT sowie
DEMOKRATIE und MENSCHENRECHTE
hängen nicht zufällig, sondern wesensmäßig zusammen!
WELTFRAUENTAG 2018
UNSERE AUSSTELLUNG zum WELTFRAUENTAG
Jährlich wird am 8.3. in vielen Ländern der Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden begangen.
Der Internationale Frauentag soll uns daran erinnern, dass
– die Rechte, die Frauen in Österreich heute als selbstverständlich erachten, von vielen weiblichen Persönlichkeiten mit Mut und Vehemenz erkämpft werden mussten,
– dass, weltweit betrachtet, immer noch Frauen – nicht selten unter Einsatz ihres Lebens – für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern eintreten und
– dass bei uns zwar vieles in Richtung Gleichberechtigung bereits verwirklicht wurde, es aber auch noch viel zu tun gibt.
In Österreich wurde die Vorkriegsforderung nach dem aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen im Jahr 1918 erfüllt und es dauerte 80 Jahre (!) bis 1998 die Gleichstellung der Geschlechter in der österreichischen Verfassung verankert – d.h. rechtlich fixiert – wurde.
Für die Umsetzung in die Lebensrealität, d.h. speziell für die soziale und ökonomische Gleichstellung der Geschlechter in Österreich, engagiert sich derzeit das vom 12.2.2018 bis 4.4.2018 laufende Frauenvolksbegehren 2.0, das in magistratischen Bezirks- bzw. Gemeindeämtern unterschrieben und erstmals auch digital mittels Handysignatur oder Bürger_innenkarte unterstützt werden kann.
Wie jedes Jahr hat auch die Gendergruppe gemäß des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ mit einer kleinen Ausstellung einige Aspekte aufgegriffen, die Schüler_innen zum Nachdenken anregen sollen: Die Palette reicht von Historischem und Quizfragen zum Weltfrauentag über Meilensteine in Österreichs Frauenpolitik, das Thema Gewalt an Frauen und Nicola Werdeniggs Weg im Umgang mit sexueller Belästigung, wichtige Stationen der Frauenpolitik in Wien bis hin zu Auszügen aus der „kleinen Geschichte des Feminismus“, einer neu für die Bibliothek angekauften Grafiknovel, und dem Thema Geschlechterstereotypen und Gendermarketing.
Hier ein paar Blitzlichter aus unserer Ausstellung: